Von reitschuster.de

Auch in der neusten Ausgabe von „Wagenknechts Wochenschau“ ist die Bundestagsabgeordnete der Partei „Die Linke“ einem brennenden Thema treu geblieben: Sie wehrt sich weiter vehement gegen die Sündenbock-Funktion der Ungeimpften.

Sahra Wagenknecht stellt zunächst klar, dass es nicht etwa 30 Prozent sind, die ungeimpft sind; etwa zehn Prozent wären Kinder, also blieben 20 Prozent Ungeimpfte.

Und die seien nun an allem schuld: Viele Menschen würden es schon glauben, weil man es ihnen immer und immer wieder erzählen würde. „Viele fordern inzwischen eine Impfpflicht.“

Wagenknecht möchte in dieser Ausgabe ihrer Wochenschau genauer hingucken, was eigentlich an der Erzählung stimmt, dass die Geimpften schuld sind an allem. „Oder wird uns da nur ein Sündenbock offeriert von der Politik, um vom eigenen Versagen abzulenken?“, will die Politikerin wissen.

Und Wagenknecht fragt sich zunächst, ob wir zur Normalität zurückkehren könnten, wenn die Impfquote höher wäre. Wagenknecht hat für ihre Zuschauer eine interessante Grafik vorbereitet mit „Impfquote“ und „Infektionsgeschehen“ am Beispiel verschiedener Länder.

Spanien und Portugal stehen gut da, hohe Impfquote, niedrige Inzidenz. Allerdings haben auch Island, Dänemark, Belgien und Irland hohe Impfquoten, aber eine deutlich höhere Inzidenz als in Deutschland.

Demgegenüber gäbe es auch Länder mit niedriger oder gar nicht so hoher Impfquote, aber einem niedrigen Infektionsgeschehen (Inzidenz) wie aktuell die USA, Frankreich und Schweden, erklärt Wagenknecht die Tabelle in der Grafik.

Anfängliche Hoffnungen in Impfstoffe enttäuscht

Ihr erstes Fazit in dieser Wochenschau: Es gäbe zwischen Impfquote und Infektionsgeschehen keinen sichtbaren Zusammenhang, „also das, was die Statistiker eine Korrelation nennen“.

Die Erklärung wäre aber einfach: Die Impfstoffe würde leider in einem Punkt nicht das leisten, „was viele am Anfang erhofft haben: Nach einer gewissen Zeit nach der Impfung gibt es nahezu keinen Schutz mehr für Geimpfte sich zu infizieren und andere anzustecken“.

Das hätte man anfangs anders erwartet und von einer kommenden Herdenimmunität gesprochen. Also davon, dass Geimpfte sich nicht infizieren und auch niemand mehr anstecken könnten.

So wäre das beispielsweise bei der Pockenschutzimpfung gewesen: lebenslanger Schutz und keine Möglichkeit, andere anzustecken, so Wagenknecht. Ähnlich sei das auch bei der Masernimpfung.

Bei solchen Impfstoffen, so die Linke, könne man schon mal über bestimmte Impfpflichten diskutieren. Aber bei Corona, das hätte eine große schwedische Studie gezeigt, wäre dieser Effekt, wie er bei Pocken und Masern zu beobachten sei, nach einer bestimmten Zeit gleich null. Diese Studie hätte die Daten von 1,6 Millionen Menschen ausgewertet, die eine Hälfte Geimpfte, die andere nicht.

Ein Ergebnis der Studie sei es, dass der Schutz gegen eine Infektion beim Corona-Impfstoff Astrazeneca schon nach vier Monaten und bei Biontech nach sieben Monaten gleich null sei. Was heißt, so Wagenknecht, „dass sich Geimpfte genauso häufig infizieren können wie Ungeimpfte“.

Und es gebe weitere Studien, die belegen würden, dass auch die Virenlast die gleiche sei. Strittig wäre lediglich die Zeitspanne, in der diese Angleichung passiert.

Ein weiteres Fazit der Politikerin: „Die Impfung dämmt das Infektionsgeschehen nicht ein, die Geimpften sind Teil des Infektionsgeschehens.“ Das wäre schon deshalb eine gefährliche Sache, weil viele Geimpfte glauben, dass sie niemanden mehr anstecken können.

Und das wäre auch das Problem in den Pflegeheimen gewesen. Es gebe dort ja nur etwa zehn Prozent ungeimpftes Pflegepersonal – die würden alle getestet werden. Aber eben nicht die Geimpften. Und dann hätte das Verhängnis seinen Lauf genommen, „so konnte das Virus auch in Pflegeheime kommen.“

Also doch eine Pandemie der Geimpften? Dagegen, das behauptet zu haben, hatte sich Sahra Wagenknecht zuletzt bei einer Überschrift über ihrer eigenen Welt-Online-Kolumne gewehrt, welche ihr die Zeitung wohl für einen kurzen Zeitraum über ihre eigene Kolumne gesetzt hatte. Aber schauen wir, wie es hier in der Wochenschau weitergeht.

Sahra Wagenknecht geht dahin, wo es wehtut: „Und so konnte natürlich das Virus in Pflegeheime kommen und hat ältere Menschen teilweise jetzt schon wieder getötet dort.“

Erst dann hätte man sich entschieden – was überfällig gewesen wäre – alle zu testen, unabhängig vom Impfstatus.

Nochmal und nochmal: Es gibt keine ‚Pandemie der Ungeimpften‘

„Das ist natürlich das Eingeständnis, dass Geimpfte infektiös sein können“, so Wagenknecht. Aber weitere Schlussfolgerungen hätte die Regierung bis jetzt verweigert, weil, wenn das so sei, dass Geimpfte ähnlich ansteckend sein können wie Ungeimpfte, „ja dann ist natürlich die 2G-Regel völliger Nonsens. Die 2G-Regel bringt eine Scheinsicherheit“.

Wie sieht es mit den so hohen Inzidenzen bei Ungeimpften aus gegenüber Geimpften, fragt Wagenknecht weiter. Virologen wie Streeck und sogar Drosten hätten inzwischen sogar bestätigt, dass es keine „Pandemie der Ungeimpften“ gäbe. Aber wie erklärten sich dann die unterschiedlichen Inzidenzen? „Na ganz einfach“, weiß Wagenknecht, „die einen werden getestet, die anderen nicht.“

Das würde dann wohl auch die fehlende Korrelation beim Ländervergleich erklären, den Wagenknecht eingangs bemerkt hatte.

Sehr viele Kinder in Kitas und Schüler seien nicht geimpft, aber vielfach getestet, daher die hohen Inzidenzen bei Ungeimpften. Wann werden denn Geimpfte überhaupt getestet, fragt Wagenknecht weiter. Nur wenn sie krank werden „oder vielleicht, wenn sie direkt Kontaktperson sind!“

Großbritannien wäre da weiter, dort würde man nämlich systematisch nicht nur Ungeimpfte, sondern auch Geimpfte testen und die Ergebnisse auswerten. Auch dazu hat Wagenknecht für ihre Zuschauer eine Grafik vorbereitet.

Die Überschrift dieser Ausgabe von Wagenknechts Wochenschau lautet: „2G und Impfpflicht? Wie die Politik die Realität ausblendet.“

Besagte Grafik aus Großbritannien zeigt weiter, dass die Infektionen bei Ungeimpften unter achtzehn Jahren um ein Vielfaches höher ist als bei Geimpften. Aber schon ab der Altersgruppe der über 30-Jährigen kehrt es sich um. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind die doppelt Geimpften sogar doppelt häufig infiziert. Die Inzidenzen von 40- bis 80-Jährigen sind fast durchgehend doppelt so hoch.

Hier spiele natürlich auch die viel höhere Zahl der Geimpften eine Rolle. Aber nach Bereinigung stellt sich dann Folgendes heraus, so Wagenknecht: „Man kann aus diesen britischen Zahlen sehen, das Virus verbreitet sich unter Geimpften in etwa gleich.“

Wagenknecht ist der Auffassung, dass sich, wo viele Menschen auf engem Raum sind, auch alle testen lassen müssten, alles andere würde keinen Sinn machen, „2G hat keinen Sinn, 2G macht keinen Sinn!“ Oder eben nur jenen Sinn, wie Wagenknecht weiter ausführt, „einen Teil der Bevölkerung auszugrenzen und unter Druck zu setzen“.

Weniger Schutz als erhofft

„Aber“, so die prominente Linke, „die Impfung schützt – zumindest bis jetzt – dagegen, schwere Verläufe zu haben und an der Krankheit zu sterben. Aber auch dieser Schutz nimmt ab.“ Es seien keine so guten Impfstoffe, wie man es sich erhofft hätte.

Wagenknecht nennt weitere Zahlen: So seien aktuell vierzig Prozent der symptomatisch Erkrankten geimpft – bei einer Impfquote von knapp 70 Prozent. Und bei den Krankenhauseinweisungen und auf den Intensivstationen sehe man die Unterschiede auch:

Etwa 36 Prozent derer, die mit Corona ins Krankenhaus kämen, seien geimpft, der Rest ist ungeimpft. Demnach gäbe es laut Wagenknecht in etwa noch einen Schutz von 50 Prozent für Geimpfte. Bei den Intensivstationen wäre es noch etwas mehr Schutz. Laut RKI hätten 28 Prozent vollständig Geimpfte auf den Intensivstationen gelegen, zitiert Wagenknecht.

Aber es zeigten sich in den von ihr vorgestellten Zahlen auch, „dass ein immer höherer Teil vollständig Geimpfter doch nicht mehr so geschützt ist, wie viele das erhofft haben“.

Deswegen sei es vollkommen falsch, so zu tun, als seien die Krankenhäuser nur wegen der Ungeimpften überlastet. Die Situation jetzt würde auf falschen Hoffnungen basieren, der Impfstoff würde dafür sorgen, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr von der Pandemie betroffen wäre.

„Diese Hoffnung ist nicht eingetreten“, bedauert Sahra Wagenknecht.

Die hohe Zahl von 3.000 Corona-Intensivpatienten sei beängstigend, auch im Hinblick darauf, wie schnell diese Zahl steil angestiegen sei. „Aber“, so die Linke einschränkend, „wir haben 6.000 Intensivbetten weniger als noch vor einem guten Jahr – wegen des sich verschärfenden Pflegenotstands“.

Wenn man das in ein Verhältnis setzen würde, so Wagenknecht, „dann muss man doch klar sagen, wer ist verantwortlich jetzt dafür, dass Operationen verschoben werden? Wer ist verantwortlich dafür, dass die Situation dramatisch ist in vielen Krankenhäusern? Corona, oder das riesige Versagen der Politik?“

Sahra Wagenknecht bittet ihre Zuschauer abschließend darum, sich nicht von den Märchen der Politik darüber ins Bockshorn jagen zu lassen, „wer der Sündenbock jetzt sein soll und wir unsere Wut auf den richten. Nein, die Wut sollten wir auf Politiker richten, die nichts dagegen tun, dass sich der Pflegenotstand verschärft.“