Mit Dank an Sandako für den Link.
Ob der Arbeitgeber das Haftungsrisiko dann übernimmt?
Haftungsrisiken
Für die Frage der (vertraglichen) Haftung ist zunächst ausschlaggebend, zwischen wem der sog. Behandlungsvertrag, der die jeweilige Impfung zum Gegenstand hat, zustande kommt. Denn nach derzeitiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht („BAG“) zu Grippeschutzimpfungen im Betrieb besteht ein hohes Haftungsrisiko, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer („AN“) ein Behandlungsvertrag abgeschlossen wird, der Arbeitgeber also im Rahmen der durchgeführten Impfung Vertragspartei wird. Der Impfarzt, der auch ein angestellter oder freier Betriebsarzt nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit („ASiG“) sein kann, wird in diesem Fall lediglich als Erfüllungsgehilfe für den Arbeitgeber tätig. Besteht ein solcher Behandlungsvertrag zwischen AN und Arbeitgeber, haftet Letzterer für Pflichtverletzungen (bspw. mangelnde Aufklärung durch den Impfarzt, nicht ordnungsgemäß durchgeführte Impfung, fehlerhafte Impfstofflagerung) nach den §§ 280 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch („BGB“), da etwaiges Fehlverhalten des Betriebsarztes als Erfüllungsgehilfe dem Arbeitgeber nach § 278 BGB zuzurechnen ist.
Neben dieser vertraglichen Haftung käme grundsätzlich auch eine deliktische Haftung nach § 831 BGB für Rechtsgutsverletzungen durch den angestellten Betriebsarzt als Verrichtungsgehilfen in Betracht.
Sofern der Impfarzt (i) nicht beim Arbeitgeber angestellt ist (also bspw. ein freier Betriebsarzt), (ii) im eigenen Namen zur Impfung einlädt und (ii) die Impfung in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Betriebes stattfindet, in dem üblicherweise keine Behandlung durchgeführt wird, kommt – nach der Rechtsprechung zur Grippeschutzimpfung – ein Behandlungsvertrag in der Regel mit dem Betriebsarzt und nicht mit dem Arbeitgeber zustande (BAG Urt. v. 21. Dezember 2017 – 8 AZR 853/16). Ein Schadensersatz des Arbeitgebers wegen der Verletzung des Behandlungsvertrages scheidet dann aus.
Auch wenn kein Behandlungsvertrag zwischen Arbeitgeber und AN besteht, kann der Arbeitgeber jedoch für Impfschäden aus dem Arbeitsverhältnis haften, wenn er den Impfarzt nicht sorgfältig ausgewählt hat. Denn nach dem zuvor benannten Urteil habe der Arbeitgeber, der im Arbeitsverhältnis eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, nach § 241 Abs. 2 BGB grundsätzlich die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung der Beschäftigten so weit wie möglich zu verhindern. Hierzu müsse er die Maßnahmen ergreifen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Arbeitgeber für notwendig und ausreichend halten darf, um die Beschäftigten vor Schäden zu bewahren. Nach dieser Entscheidung sei der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet, die Ausführung der Grippeschutzimpfung nebst etwaiger Aufklärungen durch den Impfarzt zu überwachen bzw. sicherzustellen.
Die ungewohnte Relevanz der Haftungsthematik bzgl. Gesundheitsschäden ergibt sich für Arbeitgeber nicht zuletzt daraus, dass das Bundessozialgericht („BSG“) zumindest hinsichtlich der nicht verpflichtenden Grippeimpfungen davon ausgeht, dass eine vom Arbeitgeber angebotene Grippeschutzimpfung grundsätzlich eine Maßnahme ohne betrieblichen Bezug und daher ein etwaiger Impfschaden kein Versicherungsfall i.S.d. Sozialgesetzbuch Siebtes Buch („SGB VII“) darstelle (BSG, Urt. v. 31. Januar 1974 – 2 RU 277/73). Die für Personenschäden bestehende Haftungsprivilegierung des § 104 SGB VII ist dadurch in Abrede gestellt. Zwar bestehen durchaus Argumente von dieser Rechtsprechung in der aktuellen pandemischen Lage abzuweichen. Eine entsprechende Rechtsprechungsänderung bleibt jedoch abzuwarten. Das BAG äußerte sich in dem zuvor zitierten Urteil zu dieser Frage nicht, da es den Schadensersatzanspruch schon auf der Tatbestandsebene verneinte.
Grundsätzliche Gestaltungshinweise
Trotz der beschriebenen Haftungsrisiken möchten viele Arbeitgeber erfreulicherweise ihren AN ein Impfangebot machen. Sicherheitshalber sollte der Arbeitgeber dabei die zur Grippeschutzimpfung ergangenen Grundsätze auch in diesem Kontext einhalten. Insbesondere sollte das Entstehen eines Behandlungsvertrages zwischen dem Arbeitgeber und dem AN möglichst vermieden werden. Hierzu bietet sich an, die gesamte Organisation und Durchführung der Covid-19 Schutzimpfungen durch externe Impfdienstleister vornehmen zu lassen. Hierbei sollte zuvörderst eine sorgfältige Auswahl des externen Dienstleisters getroffen werden (Kriterien: fachliche Kompetenz und Impfberechtigung). Darüber hinaus sollte die Kommunikation im Rahmen des Impfangebotes über die Unternehmensleitung oder des angestellten Betriebsarztes tunlichst vermieden werden. Das betrifft sowohl die Kontaktaufnahme bezüglich des Impfangebotes, sowie die Aufklärung und der Entwurf und Bereitstellung der Einwilligungs- und Anamnesebögen, die ausschließlich von und im Namen des externen Dienstleisters erfolgen sollten. Auch die Lagerung des Impfstoffes sollte durch die externen Dienstleister erfolgen, ebenso wie die Auswahl der Räumlichkeiten im Betrieb, in denen die Impfung durchgeführt werden soll. Gleiches gilt für die Terminorganisation, für die auch nicht auf die unternehmenseigene Software zurückgegriffen werden sollte.
Sofern diese Punkte bei der Organisation und Durchführung der Impfung im Betrieb beachtet und umgesetzt werden, kann das bestehende Haftungsrisiko jedenfalls deutlich reduziert werden. Gerne unterstützen wir Sie im Bedarfsfalle bei der Umsetzung einer möglichst rechtssicheren Gestaltung.
* Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit wird bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, lediglich das generische Maskulinum verwendet. Es sind jedoch stets Personen jeglicher Geschlechtsidentität gleichermaßen gemeint.
„Ob der Arbeitgeber das Haftungsrisiko dann übernimmt?“ Naja, mit dieser Handlungsanweisung wird dem AG ja gerade gezeigt, worauf er achten muss, um nicht in Regress genommen zu werden,
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